Situation Studiengänge Meteorologie / Meteorology 2022

Die Zahl der Studienanfänger*innen in den Studiengängen B.Sc. Meteorologie (und in der Folge M.Sc. Meteorology) gehen seit einigen Jahren spürbar zurück. In einer Zeit, in welcher der „Klimawandel“ endlich als Thema in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist. Eigentlich sollten die Wissenschaften rund und Klima und Atmosphäre besonders gefragt sein – aber das zeigen weder unsere Einschreibezahlen, noch die der anderen deutschen Universitäten.

Diese Entwicklung hat verschiedene Gründe, die jedoch nicht alle bekannt sind.

Einerseits sind die Einschreibungen in den Naturwissenschaften insgesamt rückläufig: auch der Studiengang Physik beobachtet eine Verringerung der Zahl der Studienanfänger*innen.

Andererseits scheint auch die mangelnde Sichtbarkeit von „Meteorologie“ als naturwissenschaftlichem und physikalischem Studiengang eine Rolle zu spielen und das Nachwuchsproblem zu verschärfen.

Außerdem gibt es im B.Sc.-Studiengang bekanntermaßen eine hohe Zahl von Studierenden, die – oft bereits im Lauf des ersten Semesters – den Studiengang wieder verlassen, da sie sich den Anforderungen insbesondere in Physik und Mathematik nicht gewachsen sehen.

Diese Situation kann Studiengang Meteorologie in Frankfurt mittelfristig gefährden. Es ist zwar noch nicht die Rede davon, aber es ist zumindest denkbar, dass der Studiengang aufgrund der geringen Studierendenzahlen eingestellt werden muss – was in einem deutlichen Widerspruch zur erfolgreichen, drittmittelstarken und breitgefächerten wissenschaftlichen Forschung am Institut für Atmosphäre und Umwelt steht.

Konsequenzen sind, dass der „eigene“ Nachwuchs für die Forschung fehlt (bereits jetzt werden begehrte Doktorandenstellen von Studierenden der Umweltwissenschaften besetzt). Mittelfristig ist auch denkbar, dass sich das Lehrangebot verschlechtert, wenn Dozent*innen ihre Vorlesungen für nur noch 2 Teilnehmende halten müssen und die Motivation für engagierte Lehre abnimmt. Ebenso gibt es immer weniger Studierende, die in Gremien mitwirken, als Tutor*innen arbeiten können etc.

Lösungsansätze

Vernetzung

Praktisch alle deutschen Unis, die Meteorologie oder Atmosphärenwissenschaftliche Fächer anbieten, stehen vor den gleichen Problemen – einige Fakultäten sind auch akut von der Schließung bedroht (z.B. Hannover) oder werden mit den Geowissenschaften zusammengelegt (Köln).

Mit dem UPAS-Projekt haben sich die deutschen Universitäten zusammengeschlossen, um ihre Anstrengungen zu bündeln. Inhalte sind einerseits gemeinsame Anstrengungen zur Öffentlichkeitsarbeit sowie auch eine verstärkte Zusammenarbeit in Lehre und Forschung.

UPAS ist ein großes Projekt, das an allen Standorten noch zusätzlich zum Tagesgeschäft bearbeitet werden muss und einige dieser Unternehmungen gehen nur langsam vonstatten.

Öffentlichkeitsarbeit

Neben den Bestrebungen von UPAS, die Öffentlichkeit besser über das Studienangebot in Deutschland zu informieren, müssen auch vor Ort Anstrengungen unternommen werden, den Studiengang und seine Inhalte bekannter zu machen.

Der Imagefilm ist ein erster Schritt in diese Richtung, ebenso wie die Überarbeitung der Studiumsseiten und der IAU-Website.

Ein weiterer (auch in UPAS reflektierter) Ansatz ist, stärker an Schulen in der Region Werbung zu machen. So sollen Studierende als „Student Ambassadors“ an Schulen gehen und dort im Unterricht oder bei Infoveranstaltungen Werbung für den Studiengang machen. Ebenso sind online-Studieninformationsangebote denkbar, die schnell und mit verhältnismäßig einfachen Mitteln an Schüler*innen ausgerollt werden kann.

Die Vorstellung, dass die Schüler*innen, die sich z.B. politisch bei Fridays For Future engagieren, eine wichtige Zielgruppe sind, scheint übrigens nicht der Realität zu entsprechen; viele Aktivist*innen stehen auf dem Standpunkt, dass vor allem politisches Handeln gefragt ist und alles Wesentliche bekannt sei. (Tatsächlich ist beides uneingeschränkt notwendig – auch klimapolitische Maßnahmen müssen wissenschaftlich begleitet werden.)

Umbenennung der Studiengänge

Eine weitere Maßnahme in Diskussion ist eine Umbenennung der Studiengänge, um vom Begriff „Meteorologie“ weg zu kommen, der in der Öffentlichkeit besonders stark mit Wetter und Wettervorhersage assoziiert ist und nicht mit mathematisch und physikalisch anspruchsvollen Naturwissenschaften.

Zwar bezeichnet „Meteorologie“ im Deutschen die offizielle Gesamtheit der Atmosphärenwissenschaften, das wissen jedoch nur wenige – das Bild vom „Wetterfrosch“ und den Fernseh-Meteorolog*innen ist viel zu stark in den Köpfen etabliert.

Im Übrigen werden auch in den Medien Expert*innen zum Thema Klimawandel meist nicht als „Meteorolog*innen“ sondern als „Klimaforscher*innen“ deklariert.

Im Englischen hat sich schon seit langer Zeit der Begriff „Atmospheric Sciences“ etabliert während „Meteorology“ spezifischer die Aspekte rund um Wetteranalyse und -vorhersage bezeichnet.

Eine weitere Anekdote: Bei einer Schüler-Infoveranstaltung ist wohl ein Satz gefallen: „Meteorologie interessiert mich nicht – habt Ihr nicht auch was mit Klima?“.

Eine Umbenennung des Studiengangs in „irgendwas mit Klima“ könnte also einen Teil der Sichtbarkeit unseres Fachs verbessern.

Schwerpunkt „Atmosphäre und Klima“ im BSc und MSc Physik

Voraussichtlich im WS 23/23 sollen die Physik-Studiengänge um einen offiziellen und in der Studienordnung definierten Schwerpunkt „Atmosphäre und Klima“ ergänzt werden. Ähnliche Schwerpunkte z.B. für Geophysik sind ebenfalls in Planung.

Diese Pläne wurden bereits in der Studierendenschaft, aber auch im IAU kontrovers diskutiert:

Argumente dafür sind, dass es so gelingt, physik-affine und ggf. mathe-/physikbegabte (und auf diesem Gebiet leistungsfähige) Studierende in die Meteorologie zu „ziehen“ und so für einen entsprechend gut vorgebildeten und motivierten Nachwuchs zu sorgen.

Argumente dagegen sind, dass der Studiengang Meteorologie im Vergleich noch unattraktiver wird, da ein Abschluss in Physik bessere Berufschancen verspricht und für die, die es „können“ kein Grund besteht, Meteorologie zu studieren.

Weiterhin wurde darüber spekuliert, dass eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft entstehen könnte: auf der einen Seite die leistungsfähigen und für Abschlussarbeiten etc. begehrten Physiker*innen, auf der anderen Seite die physikalisch weniger leistungsstarken Meteorolog*innen, die auch im eigenen Haus nicht so geschätzt werden wie die physikstarken Kommiliton*innen.

Konsequenzen aus dem Schwerpunkt

In der Tat werden durch diese Maßnahme die Unterschiede zwischen beiden Studiengängen ein Stück weit verwischt. Eine Konsequenz aus der Einführung des Schwerpunkts könnte daher sein, das Profil des derzeitigen Studiengangs Meteorologie/Meteorology anzupassen, so dass es gegenüber dem Physik-Zugang Alleinstellungsmerkmale gibt, die die „eigenen“ Studierenden der Atmosphärenwissenschaften auszeichnet. Dies könnte ein Fokus auf nicht-physikalische Aspekte sein, z.B. Nachhaltigekeit, (social) Change-Management, Programmierung, Technik/Geräteentwicklung, experimentelles Arbeiten, …

Diese Aufgaben werden Dozent*innen und Studierende in den nächsten Jahren begleiten.